Dienstag, 17. August 2010

Die USA und die Niagarafälle im Winter!


Meine erste Reise in die USA fand in der Zeit vom Samstag, den 16. Februar bis zum Freitag, den 1. März 1974, statt. Da ich aber in erster Linie als Geschäftsmann unterwegs war, um Kooperationspartner und Kunden zu besuchen, spielte das kalte Wetter dieser Jahreszeit nur am Rande eine Rolle. Dafür hatte ich aber auch die einmalige Gelegenheit, die fast zugefrorenen Niagara-Fälle im Winter zu erleben.

Der Abflug von Frankfurt nach New York verzögerte sich am Samstagnachmittag um ca. 4 Stunden. Der Flug war wieder sehr beeindruckend, denn über Grönland konnte ich sehr schöne Aufnahmen machen. Die Verspätung bewirkte, dass ich offensichtlich erst am frühen Sonntagmorgen (dem 17.) am John F. Kennedy-Flughafen eingetroffen bin. Diese Information konnte ich meinem alten Reisepass entnehmen (in meiner Erinnerung war es der Samstagabend). Als Reisesouvenirs besitze ich in der Zwischenzeit drei ungültige Reisepässe, die mir für meine Reiseberichte  von großer Hilfe sind, denn so kann ich die Daten für die entsprechenden Grenzübergänge leicht nachvollziehen. Seit 1971 habe ich wohlweislich auch meine abgelaufenen Kalender gesammelt.


Am Flughafen erwartete mich der "berühmte" Onkel Erwin (nach seiner Frisur auch "Meckie" genannt). Als ich ihn fragte, ob er denn wegen der Verspätung so lange auf mich gewartet hätte, teilte er überraschend mit, dass er von der LUFTHANSA telefonisch von meinem verspäteten Eintreffen erfahren habe. Er brachte mich sofort zu meinem zentral gelegenen Hotel REGENCY in der Park Avenue in Manhattan. Am Morgen dieses Sonntages wollte er mich zu einer Stadtbesichtigung abholen. Ich hatte somit relativ wenig Schlaf und mit dem "Jetlag" zu kämpfen. Aber das weltberühmte New York ("Big Apple") wollte ich mir auch nicht entgehen lassen.

Warum war Onkel Erwin damals so "berühmt"? Er war eigentlich der Onkel meiner Mutter, und sie hat sehr oft in unserer Familie über ihn gesprochen. Ihre Mutter Margarete (auch "Grete" genannt - meine Oma) hatte mehrere Geschwister, von denen zwei (Tante Marie und Tante Gertrud) nach dem 1. Weltkrieg (1922) von Danzig (dort ist meine Mutter aufgewachsen) in die USA ausgewandert sind. Onkel Erwin war mit Tante Gertrud verheiratet, die 1974 bereits verstorben war. Neben dem "berühmten" Onkel Erwin, den ich nun in New York besuchte, kannte ich bereits  seine Schwägerin, Tante Marie, die ebenfalls längere Zeit in New York gelebt hat. Sie war leider in der Zwischenzeit während eines Deutschland-Besuches 1967 bei ihrer Schwester (auch einer Tante meiner Mutter) in Augsburg verstorben.

Mein Vater hatte sie damals in Bremerhaven abgeholt, wo sie mit dem Passagierdampfer eingetroffen war. Nach einigen Tagen bei meinen Eltern in Brühl (bei Mannheim) fuhr sie weiter nach Augsburg, wo sie verstarb. Tante Marie war nach dem Kriege ein richtiger Engel für uns. Bereits im Alter von 5 Jahren freute ich mich mit meinen Eltern über die CARE-Pakete, die sie uns in unser bedürftiges Zuhause (es herrschte große Not) geschickt hat. Interessant waren immer die Nudelpakete, die mein Vater sofort öffnete, denn dann fielen die versteckten, unverzollten Zigaretten mit heraus. Aber es waren manchmal auch ganz tolle Kleidungsstücke dabei: mit einem kompletten Cowboy-Anzug aus Leder konnte ich bei meinen Kindergarten-Freunden einen besonderen Eindruck hinterlassen.

Mit einem Gefühl der Dankbarkeit (meinen weitläufigen Verwandten in den Vereinigten Staaten gegenüber) kam ich nach New York - in das gelobte Land! Aber dieses Paradies hatte auch damals schon seine Schattenseiten. Natürlich war das Empire State Building sehr interessant und die Aussicht atemberaubend. Damals (1974) konnte man die Zwillingstürme des World Trade Center noch eindrucksvoll an der Südspitze von Manhattan sehen. An dem berühmten 11. September 2001 wurden sie innerhalb kurzer Zeit dem Erdboden gleichgemacht und über 3.000 Menschen verloren dabei ihr Leben.

Hatte dieses schreckliche Ereignis nicht aber auch eine Vorgeschichte? Während meiner Südamerika-Reisen (1975 und 1976) habe ich immerwieder erfahren, mit welcher imperialen Macht sich die US-Amerikaner in die inneren Belange südamerikanischer Staaten (Chile, Honduras, Nicaragua, Panama, Guatemala..) eingemischt haben. Und gibt es für die Palästinenser nicht immer noch keine Lösung (da sie nicht denselben Schutz der USA wie die Israelis genießen?)?

Das alles erkannte ich damals noch nicht in aller Deutlichkeit. Aber was ich schnell in New York erkannte, war der große Unterschied zwischen arm und reich. Nach dem Besuch der Verwandten von Onkel Erwin (am Sonntagabend nach der Stadtbesichtigung) fuhr ich alleine wieder zurück mit der Metro in mein Hotel in Manhattan. Die Warnung, die man mir auf dem Weg gab, habe ich auch heute noch sehr gut in Erinnerung: "Paß in der Metro gut auf Deine Kamera auf!" Während meiner 1. Südamerika-Reise nach Argentinien, Bolivien, Paraguay und Brasilien wurde mir nichts gestohlen. Auch auf dieser USA-Reise passierte nichts.

Erst im November 1974 in Paris hat es mich erwischt. An der Rezeption des Hotels PLM St. Jacques wurde mir der Aktenkoffer gestohlen. Und in der anschließenden Aufregung auch noch der Kosmetikkoffer meiner Frau ULLA, die mich begleitete. Sie war total geschockt und wollte sofort wieder abreisen. Ich konnte sie aber überreden, zu bleiben, denn ich war für eine Woche auf einer internationalen Fachausstellung für Molkereitechnik für den Dienst am Ausstellungsstand meiner Firma WIEGAND GmbH Karlsruhe eingeteilt.


Doch zurück zum Empire State Building! Nach 19 Monaten Bauzeit wurde das Gebäude 1932 vollendet. Die Höhe beträgt 381 m - mit dem aufgesetzten Antennenmast 449 m. Es hat Aussichtsterrassen im 86. und 102. Stockwerk. Bei optimalen Bedingungen kann die Sichtweite bis zu 125 km betragen. Im Empire State Building arbeiten 30.000 Menschen. Insgesamt wurden 365.000 t Stahl, Beton und Granit verarbeitet. Im Gebäude sind 100 km Wasserleitungen und 5.630 km Telefonkabel vorhanden. Mit Hilfe von 73 Fahrstühlen in 11 km (insgesamt) langen Aufzugsschächten werden die Mitarbeiter in ihre Büros und die Touristen zu den Aussichtsplattformen transportiert.  Durchtrainierte Läufer, die die 1.860 Stufen nach oben benutzen, schaffen dies in 11 Minuten. Der Erbauer war der New Yorker Architekt William Frederick Lamb.

Durch seinen besonderen Art - Deco - Stil fiel mir das Chrysler-Building in Midtown-Manhattan unter den zahlreichen Wolkenkratzern auf. Es wurde zwischen 1928 bis 1930 von dem New Yorker Architekten William van Galen für den Autobauer Chrysler gebaut. Es hat eine Höhe von 319 m. Diesen Rekord als höchstes Gebäude der Welt verlor es aber kurz danach an das Empire State Building. Von der wunderbaren Aussichtsterrasse des Empire State Building war auch das UN-Gebäude am East River nicht zu übersehen. Das UN-Hauptquartier am East River entstand 1949 bis 1953 und das Hauptgebäude ist 154 m hoch. Das Gelände für den Bau wurde im Rahmen einer Spende von John D. Rockefeller jr. zur Verfügung gestellt.

Da ich zur Winterzeit in New York unterwegs war, kam auch das Bild des Central Parks etwas dürftig hinter den üppigen Wolkenkratzern von Midtown-Manhattan (in nördlicher Richtung) zum Vorschein. Man muß sich aber verdeutlichen: Der Park streckt sich über eine Fläche von 340 ha aus und beansprucht 5 Prozent der Fläche von Manhattan. Er wurde in der Zeit von 1859 bis 1870 von Frederick Law Olmsted und Calvet Vaux nach dem Vorbild des Bois de Bologne in Paris angelegt. Im Central Park gibt es 92 km Wege.

Nachdem wir die herrliche Aussicht vom Empire State Building am kühlen Sonntagmorgen (bei herrlichem Sonnenschein) des 17. Februar 1974 genossen hatten, setzten mein "Stadtführer" Onkel Erwin und ich die Wanderung in den Häuserschluchten von Manhattan fort. Plötzlich tauchte eine mehrtürmige "kleine" Kirche auf, die im Schatten der hellen Bürotürme lag. Es war die St. Patricks Kathedrale! Diese römisch-katholische Kirche wurde 1858 bis 1884 erbaut und 1910 dem irischen Nationalheiligen St. Patrick geweiht. Der Kirchturm hat eine Höhe von 101 m.

Die St. Patricks Kathedrale ist die Kirche für die zahlreichen New Yorker irischer Abstammung. Als ich vor dieser "irischen" Kirche stand, ahnte ich noch nicht, dass für mich Irland so etwas wie eine neue "geistige" Heimat werden würde. Denn ca. 2 Monate später wurde ich von meiner Firma WIEGAND GmbH Karlsruhe als "Trouble Shooter" zum südirischen Molkereibetrieb, CADBURY Rathmore, zur Beseitigung von Störungen in der dortigen Eindampfanlage, geschickt. Was die hygienischen Verhältnisse anging - so etwas kannte ich bereits in einer ähnlichen Art und Weise von meiner 1. Südamerika-Reise 1972. Umso erholsamer war der Feierabend im nahegelegenen Europe Hotel (bei Killarney). Und so ging es über Jahre (bis 1979), in denen ich sowohl in der Republik Irland als auch in Nordirland unterwegs war. Im Jahre 2.000 gab es ein Wiedersehen mit meinem idealisierten "Traumland" (ich höre auch heute noch gerne die DUBLINERS) in der ärmsten Provinz von Irland: in Connemara! Aber das ist das Thema eines anderen Reiseberichtes "IRLAND - ein Wiedersehen nach 20 Jahren!" Irland


Natürlich musste mir Onkel Erwin auch die berühmte Brooklyn-Bridge zeigen (und geriet beim Fotographieren auch noch ins Bild). Sie ist die älteste Brücke über den East River und verbindet Brooklyn mit Manhattan. Nach einer Bauzeit von 14 Jahren wurde sie 1883 eingeweiht. Die Länge beträgt - ohne Zufahrten - 1052 m. Die Stahlhänge-Brücke hat eine Höhe von 40  Metern (über Wasser).
                                                                          

Mit der Metro fuhren wir dann zur Südspitze von Manhattan, um in der Ferne die Freiheitsstatue zu bewundern. Dieses Denkmal sahen die Neuankömmlinge auf ihren Einwanderer-Schiffen als erstes Zeichen der Vereinigten Staaten von Amerika, bevor sie nach Ellis Island gebracht wurden. Insgesamt waren es über 17 Millionen Menschen, die hier erstmals amerikanischen Boden betraten. Im Jahre 1954 wurde Ellis Island geschlossen. Die Freiheitsstatue ist ein Geschenk von Frankreich an die USA zum 100-jährigen Bestehen der Vereinigten Staaten von Amerika. Die Einweihung erfolgte am 28. Oktober 1886 durch Präsident Cleveland. Die Statue ist 46 m hoch und wiegt 225 Tonnen.



Und zum Abschluss der Stadtbesichtigung zeigte mir Onkel Erwin noch voller Stolz die "Wallstreet" und den "Times Square". Mit der Weltwirtschaftskrise, die uns in der Zwischenzeit (2008) alle erfasst hat, ist die "Wallstreet" mit ihren Börsenmaklern erneut zu einer traurigen Berühmtheit gelangt. Den neutralen Namen bekam die Wallstreet, an der die Börse liegt, durch die Stadtmauer ("wall"), die der damalige Gouverneur Peter Styvesandt 1653 im Norden von Manhattan vom Hudson zum East River bauen liess. Heute gibt es anstelle der Mauer nur noch die Straße namens Wallstreet.



Was wäre der Schmelztiegel "New York" mit seinen 7 Millionen Einwohnern ohne die vielen Menschen, die aus allen Herren Ländern zugewandert sind? Ich schrieb schon an anderer Stelle von dem großen Klassenunterschied zwischen arm und reich, der in dieser Metropole so verbreitet ist. Der einsame Schuhputzer am Grand Central Station könnte sicher Zeugnis ablegen - dachte ich mir als ich fotographierte. Und deswegen kann das Leben hier so gefährlich sein. Aber an diesem Sonntag im Februar 1974 machte diese lebendige Stadt einen sehr friedlichen Eindruck. Deshalb konnte ich auch die Steelband-Musik nicht überhören. Ganz sicher war dieser Musikant aus Trinidad oder Jamaica eingewandert! Die Zuhörer waren begeistert. Ich auch! Acht Jahre später erlebte ich diese herrlichen Rhythmen erneut auf der Niederländischen Antillen-Insel Aruba im Rahmen der "Tropical Night" (siehe Reisebericht "ARUBA und der schönste Strand der Karibik!"). Aruba

Nach der Besichtigung des Times Square (der flimmernden Reklametafel von New York) fuhren wir mit der Metro in die Bronx. Wie ich bereits schrieb, besuchte ich dort mit Onkel Erwin seine Verwandten, deren Kinderzahl mich überrascht hat. Und irritiert haben mich auch die sozialen Verhältnisse unter denen diese stolzen US-Bürger leben müssen. Von berühmten "American way of live" konnte ich nicht viel erkennen. Anders ausgedrückt: ich war einfach schockiert.

Aber ich war ja auch gekommen, um auch die Sonnenseite (allerdings im Winter) der USA kennenzulernen und vielleicht  "Geschäfte" zu machen. Am darauffolgenden Montag, den 18. Februar 1974, traf ich mich mit einem interessanten, potentiellen Geschäftspartner, Mr. McEvoy. So weit ich mich erinnern kann, hatte ich ihn bereits einmal in Deutschland getroffen. Wir sprachen über ein großes Projekt, dessen Berater er war. Im exklusiven Restaurant des Hotels REGENCY speisten wir am Mittag gemeinsam, und er erläuterte mir alles in den schönsten Farben. Gesehen habe ich ihn ein Jahr später wieder in Deutschland. Er kam am Donnerstag, den 24. April 1975, gegen 11 Uhr mit der Lufthansa-Maschine in Frankfurt an und war in Begleitung von zwei Kollegen. Ich holte diese Gruppe ab und brachte sie zur Besprechung in meine Firma WIEGAND Karlsuhe GmbH. Am Freitag, den 25. April 1975, reiste Mr. McEvoy mit seinen Kollegen wieder ab. Für die Einladung zu dem ausgezeichneten Mittagessen im mondänen Restaurant des Hotel REGENCY konnte ich mich ein Jahr darauf in Karlsruhe revanchieren. Meine Kollegen bei Wiegand hielten es normalerweise nicht für erforderlich, den "heiligen" Feierabend mit ausländischen Kunden bei einem gemeinsamen Abendessen zu verbringen. Falls es terminlich möglich war, organisierte ich sogar gemeinsame Ausflüge nach Heidelberg!

Nun war es Zeit, zum Flughafen zu fahren und in den "Shuttle-Flug" nach Boston einzusteigen. Dies war ein sehr unkompliziertes Verfahren - gewissermaßen wie mit einem fliegenden Bus. Ich kam in Boston an und fühlte mich sofort sehr viel wohler. Für das dröhnende Leben in einer turbulenten Großstadt, wie New York, war ich einfach nicht geschaffen. Im Gegenteil: in meinen jungen Jahren genoss ich mein Leben als einsamer Kanu-Fahrer. Ich bin am Rhein aufgewachsen und befuhr als 15-jähriger mit meinem eigenen Kanu die Altrhein-Arme der näheren Umgebung. Mein kleines Zelt hatte ich immer dabei und so übernachtete ich manchmal wie Robinson Crusoe auf einer einsamen Altrhein-Insel.

Der Zweck meiner Reise nach Boston war der Besuch der amerikanischen Firma ABCOR. Diese lieferte Ultrafiltrations- und Reverse Osmose- Anlagen. Mein damaliger Chef, Dr. Joachim Wiegand (der Gründer der WIEGAND GmbH Karlsruhe nach dem Kriege) betrachtete die Ultrafiltration (UF) und die Reverse Osmose (RO) als ein mögliches Konkurrenzverfahren für seine Eindampfanlagen. Im Frühjahr 1973 kam es deshalb zu einem Kooperationsvertrag zwischen WIEGAND und ABCOR  für die Lieferung von UF- und RO-Anlagen in die deutsche Nahrungsmittelindustrie. Der Dritte im Bunde war die französische Firma GUERIN (mit  Sitz in Mauze - bei La Rochelle an der französischen Atlantikküste), denn diese fertigten für Europa diese Anlagen (die notwendigen Membranröhren kamen von ABCOR aus Boston). Wir dagegen waren eine reine Ingenieurfirma, die ihre Anlagen bei Zulieferfirmen herstellen ließ.

Die Betreuung dieser Kooperation, die Durchführung von Tests und die Verkaufsverhandlungen waren meine Aufgaben, für die ich von allen anderen Funktionen freigestellt wurde. Es war auch meine Verantwortung, Dr. Wiegand fortlaufend über alle relevanten Entwicklungen zu informieren. Dies war eine sehr dankbare und angenehme Aufgabe. Weniger angenehm verliefen im September 1973 Tests in einer kleinen UF-Versuchsanlage in einer Käserei in Riedlingen (bei Ulm). Im selben Raum gab es auch eine Test-Anlage des stärksten Konkurrenten, der Firma DDS-Kroyer. Wir sahen zwar unser Röhrensystem im Vorteil, trotzdem gewannen diese mit ihrem plattenförmigen System den Vergleichstest und damit den Auftrag zur Lieferung einer großen UF-Anlage zur Behandlung von Milch für die Käseherstellung.

Dagegen waren die Reisen zu GUERIN nach Frankreich immer ein Vergnügen. Zum ersten Kontakt (Anfang Mai 1973) bin ich mit meinem Wagen quer durch Frankreich gefahren und habe meine Frau mitgenommen. Wir übernachteten im vornehmen Hotel LES BRISES in La Rochelle. Der Junior-Chef, Denis Guerin (mein Ansprechpartner für die ABCOR-Projekte), lud uns - gemeinsam mit seiner Frau - zu einem opulenten Abendessen (Motto: "Fruits de mer") ein. Die prächtigen Hummern, Austern und anderen Meeresfrüchte sehe mir immer noch vor meinem geistigen Auge. Es entwickelte sich eine Freundschaft, die über die beruflichen Aspekte hinausging. Allerdings haben wir den Kontakt verloren, als ich nicht mehr mit ABCOR-Projekten beschäftigt war. Bei meinen folgenden Geschäftsreisen flog ich zuerst mit dem Flugzeug nach Paris, um dann am Flughafen Orly in ein kleine Maschine umzusteigen, die mich auf sehr wackligem Kurs nach La Rochelle brachte (wie 1976 am Maracaibosee in Venezuela - siehe Reisebericht "VENEZUELA - von Caracas zum Maracaibosee!"). Venezuela

Aus dem ABCOR-Projekt entstand noch ein weiterer freundschaftlicher Kontakt, und zwar mit dem US-Amerikaner "Bernie" Horton. Bernie war als Berater für ABCOR tätig und besuchte mich erstmals während der Versuche in Riedlingen. Später trafen wir uns auf verschiedenen Fachausstellungen. Die Überraschung war am Sonntag, den 20. Oktober 1985, im Sheraton Hotel von Auckland (Neuseeland) besonders groß, denn urplötzlich stand Bernie vor mir (ich hatte ihn seit Jahren nicht mehr gesehen). Ich war kurz vorher mit meiner Frau ULLA von Fidschi her angereist und nahm nun als deutscher Experte des Internationalen Milchwirtschaftsverbandes (IMV) an einer Internationalen Fachtagung teil. Bernie war ein Mitglied der amerikanischen Delegation. Sofort lud Bernie uns ein, mit ihm das War Memorial Museum in der Nähe zu besuchen. Dort gab es auch eine Völkerkunde-Abteilung, die sich mit den Ureinwohnern Neuseelands, den Maori, befasste.

Unterwegs überraschte uns ein gewaltiger Regenschauer und - da wir ohne Regenschirm unterwegs waren - wurden wir auch pudelnass! Wir liessen uns aber dadurch nicht vom Museumsbesuch abhalten. Im Rahmen meiner 2. Neuseeland-Reise besuchte ich dieses interessante Museum erneut. Als ich kürzlich nach "Bernie" Horton im INTERNET recherchierte, las ich, dass er in der Zwischenzeit verstorben ist. Wie mein Förderer, Prof. Dr.-Ing. H.G. Kessler (Universität München), der mich 1985 als Experte vorgeschlagen hat. Auch er war damals ein Mitglied der deutschen Delegation. An dieser Stelle möchte mich gerne auch an den ehrenwerten Herrn H.J. Klupsch (eine Fachmann für Laboratoriumsfragen in der Deutschen Milchwirtschaft und bekannter Fachbuch-Autor) erinnern, der vergangenes Jahr verstorben ist. Ihm verdankte ich nicht nur moralische, sondern auch finanzielle Unterstützung in meiner schwierigen Zeit als preisgekrönter Erfinder ("...mit Ihrer KAVITATIONSREGELUNG treten Sie eine Lawine los!").

Nun war ich also in Boston eingetroffen, um Näheres über die Firma ABCOR und deren Fertigung von UF- und RO-Membranen zu erfahren. Auch hier traf ich einen alten Bekannten, den ich bereits in Deutschland kennengelernt hatte: Mr. Amalan. Dieser fühlte sich ähnlich für mich verantwortlich, wie ich es im Umgang mit ausländischen Besuchern in Deutschland pflegte: er lud mich zu einem prächtigen Abendessen ein und brachte auch seine Gattin mit (sie war wohl indianischer Abstammung). In den Büros der Firma ABCOR fand ich auf alle meine Fragen eine schnelle Antwort, denn die Spezialisten saßen in offenen "Verschlägen" (eine Sparversion unserer modernen Großraumbüros, wie ich sie von meiner Firma KRUPP Chemieanlagenbau in Essen kannte). Das "Allerheiligste" - die Fertigung der UF - und RO - Membranrohre - blieb mir aber verschlossen.

Um mich wohl bei guter Laune zu halten, lud mich der oberste ABCOR-Boss (sein Name ist mir entfallen) privat zu sich nach Hause ein. So etwas kannte ich bisher noch nicht und es machte mich mächtig stolz. Dazu kam die in den USA übliche Ansprache mit dem Vornamen. Die gesamte Familie war äußerst gastfreundlich zu mir. Ähnliche Freundlichkeiten (einschließlich der Verwendung des Vornamens) erlebte ich ab 1977 in meiner dänischen Firma NIRO ATOMIZER A/S in Kopenhagen. Auch dort gab es einmal eine private Einladung beim Firmenchef "Ole" Andersen. Anlaß war der Besuch des Managements der französischen Firma LAGUILHARRE (die kurz vorher übernommen worden war). Bei dieser Gelegenheit konnte ich wieder meine Französisch-Kenntnisse beruflich anwenden.

In der Zeit vom 18. Mai bis zum 24. Mai 1978 war ich mit meinem Kollegen Riis für meine dänische Firma NIRO ATOMIZER A/S geschäftlich in Südkorea (siehe Reisebericht "SÜDKOREA - Begegnung mit der asiatischen Kultur!"). (Südkorea) Wir hielten uns in erster Linie in Seoul auf. Dort lud uns der südkoreanische Vertreter mit französischen Geschäftspartnern zu sich nach Hause ein. Als wir alle auf dem Boden Platz genommen hatten (die Knie schmerzten nach eine Weile) servierte uns die Dame des Hauses mit verwandten Helferinnen das Abendessen. Danach verzogen sich die Frauen diskret in die Küche. Mit dem reichlichen Genuß von Reiswein (Sake) zum Essen wurde die Stimmung in unserer "Männergesellschaft" immer ausgelassener. Das war also die asiatische Version der Gastfreundschaft ausländischen Besuchern gegenüber.

Im April 1991 besuchte ich zum zweitenmal Neuseeland und lernte in Greg Terryll einen hervorragenden Kollegen kennen, der mir die Türen zu interessierten Kunden für meine Innovation "KAVITATIONSREGELUNG" auf der Nordinsel von Neuseeland öffnete. Am ANZAC-Day (einem besonderen Gedenktag für die Gefallenen des 1. und 2. Weltkrieges) lud er mich zum Abendessen bei sich zu Hause ein (siehe Reisebericht "NEUSEELAND - mit dem Fahrrad von Hamilton zu den "Waitomo Caves"!). Neuseeland 1991 Auch dies war für mich eine ganz besondere Auszeichnung.

Am Mittwochmorgen, den 20. Febraur 1974, musste ich sehr früh aufstehen, denn Mr. de Pillow (ein weiterer ABCOR-Mitarbeiter, den ich bereits kannte) wollte mit mir von Boston nach Albany (Staat New York) fliegen. Es muss wirklich sehr früh gewesen sein, denn ich kam ohne Frühstück zum Flughafen. In meiner Not aß ich die berühmten Donuts (sehr lecker schmeckendes, ringförmiges Gebäck) und bestellte mir eine Tasse Kaffee dazu. Ich hatte vor dem Abflug noch etwas Zeit und wollte telefonisch für das folgende Wochenende einen Flug nach Buffalo (zu den Niagara-Fällen) bestellen. Als ich meinen Namen auf Amerikanisch (Englisch) buchstabieren sollte, stieß ich an meine Grenzen ("e" wird im englischen "i" ausgesprochen). Kurz danach konnte ich meinen Namen ohne Probleme "auch im Schlaf buchstabieren"!



Wir kamen buchstäblich im Morgengrauen in Albany an, denn bei der Landung kam gerade die aufgehende Sonne hinter den Wolken hervor. Es gelang mir ein sehr schönes Stimmungsbild. Mit einem Mietwagen fuhren wir weiter in den Nachbar-Staat Vermont, um die CROWLEY Cheese Company in Healdville (Route 103 - Northeast of Ludlow) zu besuchen. Dort befand sich eine größere ABCOR-UF-Anlage zur Milchbehandlung vor der  Käse-Herstellung. Es war für mich recht interessant, diesen Betrieb näher kennenzulernen. Leider konnte ich diese Erfahrungen nicht in Deutschland umsetzen, denn kurz nach meiner Rückkehr kam ich wieder in meinen ursprünglichen Bereich "Eindampfanlagen" und war nun für England, Irland (siehe oben "Cadbury Rathmore") und Südamerika zuständig. Da Dr. Wiegand nun in der Ultrafiltration und Reversen Osmose keine Gefahr  für seine Eindampfanlagen mehr sah, wurde relativ schnell auch die Zusammenarbeit mit ABCOR und GUERIN beendet.

Trotzdem ließ es sich Mr. de Pillow nicht nehmen, mir auch noch den zugefrorenen St. Lorenz-Strom zu zeigen. Dazu fuhren wir mit dem Mietwagen in westlicher Richtung bis zur kanadischen Grenze. Hier war wirklich zu erkennen, wie der Winter zu dieser Jahreszeit die gesamte Landschaft immer noch fest im Griff hat. Wir waren wohl in der Nähe des Ortes Alexandria Bay bis zum St. Lorenz-Strom vorgedrungen. Der St. Lorenz-Strom ist 1.223 km (an Ontario-See) lang und stellt die Verbindung der nordamerikanischen Seen mit dem Atlantischen Ozean her.

An seinen Ufern liegt das älteste kanadische Siedlungsgebiet, in dem heute 60 Prozent aller Kanadier leben. Vom Ontario-See bis nach Montreal bildet der Strom die Grenze zwischen Kanada und den USA. Er ist nur in den Monaten von April bis Dezember befahrbar - ansonsten ist er total zugefroren. Ein großes Problem sind die großen Höhenunterschiede bei den Niagara-Fällen und am Welland-Kanal, die durch Schleusen überwunden werden. Der St. Lorenz-Seeweg wurde 1959 fertiggestellt: Es ist ein Kanalsystem mit einer Fahrwasser-Tiefe von 8,23 m und einer Fahrwasserbreite von 61 m zwischen den großen Seen und Montreal. Schiffe mit einer Größe von 15.000 BRT können die gesamte Strecke von 3.650 km vom Atlantischen Ozean bis zum Westende des Oberen Sees (Lake Superior - Hafen: Duluth) befahren. Unser weiterer Weg führte uns nach der Besichtigung des imposanten, aber zugeforenen St. Lorenz-Stromes in Richtung Süden über Watertown (Route 81) nach Syracuse und dann über Utica (Route 90) wieder zum Flughafen nach Albany. Von dort war es nur noch ein "Katzensprung" nach Boston.

Nach einem weiteren Tag in den Büros von ABCOR, kam am Freitagnachmittag, den 22. Februar 1974, der Zeitpunkt der Verabschiedung. Ich bedankte mich ausdrücklich für die Bereitschaft, mir bei allen Fragen zu helfen und vergaß nicht, mich ausdrücklich für die erwiesene Gastfreundschaft zu bedanken. Gerne hätte ich mich in Deutschland bei Gästen aus Boston bei ihrem Besuch revanchiert - leider hat sich dies aus den obengenannten Gründen nicht mehr ergeben. Nun stand gewissermaßen das Wochenende vor der Türe, für das ich kurzfristig den Besuch der Niagara-Fälle eingeplant hatte. Dazu musste ich von Boston in westlicher Richtung nach Buffalo fliegen.

Am Flughafen von Boston hatte ich ausreichend Zeit vor dem Abflug und begab mich deshalb ins Restaurant, um ein gepflegtes Abendessen zu genießen. Dabei gingen mir besondere Gedanken durch den Kopf: Wie schön ist es doch "auf anderer Leute Kosten", die ganze Welt kennenzulernen! Schon in Argentinien 1972 habe ich mit Spesen meine Rundreisen finanziert. So könnte es wirklich weitergehen - was dann ja auch mehr oder weniger eintraf (wie man meinen zahlreichen Reiseberichten entnehmen kann). Erst 10 Jahre später konnte ich als unabhängiger Beratender Ingenieur größere Reisen selbst  finanzieren.

Heute habe ich mit meiner 2. Frau JUTTA (53) eine Partnerin, die genausogerne wie ich reist und noch große Reisepläne hat: u.a. mit der Transsibirischen Eisenbahn nach Peking und mit dem Kreuzfahrtsschiff von Valparaiso/Chile über das Kap Hoorn nach Buenos Aires/Chile. Die Kosten für die Reisen teilen wir uns - für die Fernreisen (Indien, Kenia) liegt JUTTA's Anteil höher. Teilweise dauert die Vorbereitung der großen Reisen über ein Jahr. Unterwegs führen wir Reisetagebücher und unterhalten uns über unsere Eindrücke (früher reiste ich aus beruflichen Gründen meistens alleine).



Nach dem "akademischen" Boston mit seinen bekannten Universitäten war die dunkle Industriestadt Buffalo ein  richtiggehender Schock. Vielleicht spielte die triste und kalte Winterstimmung eine wichtige Rolle. Dieser negative Eindruck verließ mich auch nicht an den fast zugefrorenen Niagara-Fällen (mit der desillusionierenden Industrie-Kulisse im Hintergrund), zu denen ich am Samstagmorgen, den 23. Februar 1974, mit einem Mietwagen fuhr. Ich war wohl der einzige Tourist, der zu dieser Zeit unterwegs war. Es war sehr gefährlich, denn die Wassertröpfchen von den nahen Wasserfällen hatten auf den Wegen und Bäumen dicke Eisschichten gebildet. Und es war nirgendwo gestreut. Hier sagten sich also sprichwörtlich "Hund und Katz gute Nacht" (solange sie die grimmige Kälte ertragen konnten). Reisetipp "Niagara-Fälle"

Die Niagara-Fälle wurden von dem französischen Pater Louis Hennepin im Jahre 1678 entdeckt. Die Wasserfälle sind Überreste aus der Eiszeit vor 50.000 Jahren. Als die Eismassen schmolzen, blieben die fünf "Großen Seen" zwischen den USA und Kanada zurück. Von diesen sind der Erie-See und der Ontario-See durch den Niagara River miteinander verbunden. Auf dieser Strecke muss der Fluß einen Höhenunterschied von 109 m überwinden. Auf halbem Wege liegt eine Felsbarriere, über die der Niagara River in die Tiefe stürzt - die Niagara-Fälle. In der Mitte des Flusses und bei den "Hufeisen-Fällen" (Horseshoe Falls - 640 m breit und 54 m hoch, mit 90% der Gesamtwassermenge) verläuft die Staatsgrenze zwischen Kanada und den USA.


Von der Gesamtwasserkraft der Niagara-Fälle werden etwa 30 Prozent für industrielle Zwecke genutzt. Das "Niagara Power Project" ist das größte Wasserkraftwerk der westlichen Welt. Der Niagara River wird nach dem Austritt aus dem Erie-See durch die Ziegen-Insel (Goat Island) in zwei Flußarme geteilt: in den American Fall (328 m breit, in 2 Stufen 55 m tief) und in den südlich gelegenen Bridal Veil Falls (Brautschleier-Fall). Die Brückenbauten über den Niagara River stammen von den Brüdern Friedrich und Berthold Weinhagen. Sie sind die Enkel von Friedrich Weinhagen, einem 1848er Revolutionär, der aus meiner Heimatstadt Hildesheim stammt. Der Brückenbauer Friedrich Weinhagen kehrte nach Hildesheim zurück und schuf hier die finanziellen Grundlagen für die bekannte Weinhagen-Stiftung.

Die Niagara-Fälle im Winter waren wirklich etwas besonderes und aus meiner Sicht einmalig. Aber es enttäuschte mich die Silhouette der grauen Industrie-Stadt Buffalo im Hintergrund. Zwei Jahre vorher habe ich im Dreiländereck Argentinien, Brasilien und Paraguay die größten Wasserfälle der Erde mitten im Dschungel kennengelernt: die Iguazu-Wasserfälle (siehe Reisebericht "ARGENTINIEN - Land meiner Träume!"). Argentinien Mit diesen unglaublichen Eindrücken liessen sich die Niagara-Fälle - auch nicht im Sommer - nicht vergleichen.


Aus irgendeiner Quelle, die mir heute nicht mehr erinnerlich ist, wurde ich auf das Fort Niagara hingewiesen, das am Ausgang des Niagara River in den Ontariosee liegt. Mit dem Auto konnte ich auf der Strasse, die dem Fluß folgt, in ca. 20 km Entfernung diese touristische Attraktion mühelos (trotz klirrender Kälte) erreichen. Unterwegs lag nach 5 km (von den Niagara-Fällen entfernt) auf der rechten Seite das riesige Wasserkaftwerk (Niagara Power Project oder Robert Moses Niagara Power Plant).


Das ursprünglich französische Fort Niagara wurde 1726 gebaut. Der englische Gouverneur William Shirley (1694 bis 1771) versuchte 1762 - während des Britisch-Französischen Kolonialkrieges (1754 bis 1763) das Fort Niagara zu erobern - leider vergeblich. Er wurde deswegen abgesetzt. Mit dem Ende des Kolonialkrieges verlor Frankreich seine nordamerikanischen Besitzungen. Das Fort wurde im ursprünglichen Stil wiederaufgebaut und gibt einen ausgezeichneten Eindruck über das Leben in der damaligen Zeit. (Reisetipp "Fort Niagara")

Sehr eindrucksvoll war die Bewaffnung des Forts mit Kanonen und Mörsern, mit denen die Passage des Niagara River in den Ontariosee kontrolliert wurde. Im Haupthaus, das im Zentrum des Forts angeordnet ist, konnte ein Laden mit den Waren der damaligen Zeit (Felle usw.) und einem Kanu besichtigt werden. Auch der Brunnen mit einer horizontalen Stange (wie man sie auch von Ungarn her kennt) vermittelte ein Bild über die autarke Wasser-Versorgung der französischen Soldaten. Und dann wagte mich auch noch an das Ufer des Ontariosees: dort war es wirklich prächtig kalt und sehr stürmisch. Es gibt Fotos von deutschen U-Booten, die im nördlichen Eismeer im Winter unterwegs waren. So ungefähr kam es mir hier vor. Alles war mit einer dicken Eisschicht überzogen. Ich war froh, dass ich meine "russische" Pelzmütze dabei hatte und den Ohrenschutz herunterklappen konnte.


Nach diesem extremen Winter-Abenteuer in der Einsamkeit (ich habe unterwegs niemanden getroffen) war ich froh wieder in mein Holiday Inn Hotel in Buffalo zurückkehren zu können. Danach flog ich am Sonntag, den 24. Februar 1974, weiter in etwas wärmere Gefilde: nach Columbus (Staat Ohio). Das Holiday Inn Columbus (ich pflegte auf meinen Reisen in den USA immer in dieser Hotelkette zu übernachten) hatte eine Besonderheit, die ich sehr schätzte: eine Sauna. Und auch die üppige Salatbar mit Selbstbedienung im Hotel-Restaurant war etwas Neues für mich. Das Hotelbett mit einem eingebauten Vibrator diente aber offensichtlich nicht nur der Rückenmassage.



Nach meinem Besuch der Firma BORDEN (es bestand bereits ein Geschäftskontakt) in Columbus flog ich weiter nach Chicago (Illinois). Das Flugwetter war ideal, sodass ich unter mir die tiefverschneite Landschaft fotographieren konnte. Und ein besonderes Highlight war der Landanflug auf den Flughafen von Chicago. Die Skyline mit den Wolkenkratzern: einerseits atemberaubend - andrerseits aber bei dem Schmutz und Dreck in der Luft über dem Ufer des Lake Michigan auch sehr desillusionierend. Fast eineinhalb Jahre später landete ich hier (von Mexico City kommend) mit einer vermeintlichen Bombe an Bord auf diesem O'Hare Airport. Im Nu waren waren wir von mehreren großen Feuerwehrfahrzeugen "umzingelt" und durften erst nach ca. 15 min die AIR MEXICANA Maschine verlassen (siehe Reisebericht "Die Abenteuerreise von MEXICO CITY nach CHICAGO"). Abenteuerreise
Am Flughafen mietete ich mir einen Leihwagen, denn ich hatte eine größere Reise am Westufer des Lake Michigan in nördlicher Richtung vor. Nach dem Einchecken im Holiday Inn in Flughafennähe unternahm ich eine "Erkundungsfahrt" ins Stadtzentrum von Chicago. Und dort wurde es richtig spannend, denn schließlich kannte ich zahlreiche Filme über die Gangster-Stadt Chicago und den Mafia-Boß Al Capone. Deshalb überließ ich auch ungern meinen Wagen dem Parkplatzwächter, dem ich auch den Wagenschlüssel übergeben mußte. Ich sah nur noch das Auto in einem Fahrstuhl entschwinden! Aber zu meiner großen Überraschung klappte es einige Zeit später wieder problemlos mit der Rückgabe.

In Chicago fühlte ich mich wirklich nicht sehr wohl. Ich vermisste hier die Fröhlichkeit, wie ich sie z.B. in New York und Boston kennengelernt hatte. Man konnte fast den Eindruck gewinnen, die Prohibition (das Alkoholverbot) wäre noch nicht abgeschafft worden und der Alkoholschmuggler Al Capone würde hier immer noch sein Unwesen treiben. Entsprechend wenig motiviert war ich für meinen Besuch bei KRAFT Foods. Diese Firma hatte in Chicago ihr Hauptquartier. Auch hier bestanden bereits Geschäftskontakte und Mr. Duensing gab sich große Mühe mit dem Besuch aus Deutschland.

Ich war froh, mit dem Mietwagen die ehemalige "Gangster-Stadt" Chicago wieder verlassen zu können, denn nun hatte ich eine spannende Tour von Chicago nach Fond du Lac in Wisconsin (Entfernung ca. 200 km) vor mir. Einerseits war es Winterzeit - es lag reichlich Schnee überall und andrerseits gab es auch in den Vereinigten Staaten die Auswirkung der Ölkrise (im November und Dezember 1973 hatte es deswegen Fahrverbote in Deutschland gegeben). Deshalb fiel mir unterwegs das Schild mit dem Text:
                       Out of Gas - I Am Sorry to Say - My Family Must Eat - Gone Fishing Today
besonders auf. Auf halber Strecke passierte ich das tiefverschneite Milwaukee und kam dann ohne Schwierigkeiten in Fond du Lac am Lake Winnebago an. Dr. Wiegand hatte mir für meine USA-Reise den Besuch unseres Kunden in Fond du Lac angeraten, denn dort befand sich eine der ersten WIEGAND-Eindampfanlagen in den Vereinigten Staaten. Über meinen Höflichkeitsbesuch war man sehr erfreut und empfahl mir am Dienstag, den 26. Februar 1974, die Übernachtung im Holiday Inn in Oshkosch, das nördlich von dem kleinen Ort Fond du Lac  und ebenfalls am Lake Winnebago lag.

Auch die Rückfahrt zum O'Hare Airport in Chicago (und die Rückgabe des Mietwagens) ging reibungslos über Bühne und ein Stein fiel mir vom Herzen. Nun musste ich nur noch die letzte Etappe meiner interessanten USA-Rundreise meistern: den Flug von Chicago nach Rochester (Staat Minnesota) und den Kundenbesuch bei der dortigen Firma STAUFFER. Mir war die Stadt Rochester auch vorher schon ein Begriff, denn dort gab es die berühmte Mayo-Klinik, wo seit 1955 Operationen am offenen Herzen mit der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt werden konnten. Wir hatten einen Jungen (mein kleiner Cousin Gert) in der Verwandtschaft, für den diese Hilfe in Betracht gezogen wurde. Leider konnte die Familie die Kosten für die Privatklinik nicht aufbringen und er musste viel zu jung sterben.


Ich übernachtete im Holiday Inn in Rochester South, bevor ich wieder nach Chicago zurückflog. Am Donnerstagabend, den 28. Februar 1974, stieg ich in die LUFTHANSA-Maschine nach Frankfurt ein. Und dann passierte das, was mir schon zwei Jahre früher (September 1972) auf dem Heimflug  mit der LUFTHANSA-Maschine von Buenos Aires nach Deutschland passiert war: bereits beim Betreten des Flugzeuges (nach fast sechs Monaten in Argentinien) fühlte ich mich wieder wie in meiner deutschen Heimat. Allerdings habe ich in Argentinien mit Kollegen der Inbetriebnahme-Mannschaft zusammengearbeitet, die alle Deutsch sprachen. Auf dieser USA-Reise war ich fast immer alleine unterwegs und konnte mich nur in der englischen Sprache verdeutlichen! Als wieder in Karlsruhe zurück war, warteten bereits unsere Essener Freunde (Diane, Renate und Werner), mit denen wir anschließend für 14 Tage zum Skifahren in die Dolomiten (nach Vigo di Fassa) fuhren. Nun konnte ich dem Schnee auch eine positive Seite abgewinnen.

Fotos und Text: Klaus Metzger

Siehe auch BILDBAND:
(Die USA und die Niagarafälle im Winter)
BILDBAND:
(IMPRESSIONEN bei Nacht..)
BILDBAND:
(Unterwegs mit dem Flugzeug)

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