Montag, 23. August 2010

Spurensuche in der griechischen Antike!

Auf der Akropolis


Nach Kreta ist Euböa die nächstgrößte Insel mit ca. 165.000 Einwohnern. Touristisch noch nicht so erschlossen, weist es natürlich gerade in diesem Bereich noch erhebliche Mängel auf. Dennoch bietet Euböa gute Möglichkeiten, von hier zu den antiken Stätten Griechenlands zu starten und um mit Ruhe und Entspannung bei der Rückkehr aufzuwarten. Euböa zeichnet sich noch durch ihren ursprünglichen, griechischen Charme aus.

Unser Hauptreisethema in diesem Herbst war die Spurensuche in der griechischen Antike. Nach 3½ Std. Flug von Frankfurt nach Athen (ein Zubringerflug brachte uns von Hannover nach Frankfurt) und dem etwas anstrengenden Transfer: Athen – Hafen Agia Marina – Fähre Euböa-Nea Styra geht es in unser 4-Sterne-Hotel (Hotelbewertung "Castello Rosso") zum akklimatisieren. Zwei Tage sollte man sich dazu schon Zeit nehmen, denn unsere bereits in Deutschland mitgebuchten Ausflüge sind aufgrund ihrer Dauer auch nicht ohne.

Die erste Etappe führt uns erst einmal über die interessantesten Plätze der Insel. Dazu gehören Kirchen, Klöster und Heilquellen. Oft abgelegen, verhilft uns eine gut informierte und eine deutsch-/englischsprechende Reiseleitung zum Ziel. Aber auch gut beschriftete Wanderwege ermöglichen uns die freie Gestaltung der Tage, die wir auf der Insel verbringen. Dabei eröffnet sich uns eine reichhaltige Pflanzen- und Tierwelt. Wir finden Pistazienbäume, Wein, Lorbeer, Thymian, Mönchspfeffer, Gummibaum, Oliven, Rosmarin, Eukalyptus, Rizinus, Maulbeerbaum und Baumwollfelder. Unsere Nasen nehmen die betörende Vielfalt der Gerüche auf.


Man kann sich im wahrsten Sinne des Wortes sattriechen. Ziegen und Schafe, deren Milch die typische Grundlage für den Fetakäse liefern, prägen das Inselbild ebenso wie Füchse und Hasen, die allerdings mit der Schrotflinte gejagt werden. Auf Euböa leben einige Familien vom Fischfang, der verbunden mit einem Restaurant am Strand eine gute Einnahmequelle für die gesamte Familie bietet. Geologische Vorkommen sind hauptsächlich Kupfer und Marmor. Der Marmor Euböas wurde beim Bau der vier Säulen des Petersdomes verwendet. Der Besuch eines griechisch-orthodoxen Gottesdienstes lässt tiefe Einblicke in das religiöse Gemeindeleben zu. Frauen und Männer nehmen – getrennt gruppiert – daran teil. Nichts soll dabei die reine Meditation, die ihren festen Platz und ihre Bestimmung hat, stören. Große Ähnlichkeit lässt sich auch in anderen Religionen während der Andacht finden. (Reisetipp "Sonntagsmesse")
Nach unserer ersten Inselerkundungstour besuchen Sie mit uns Delphi. Von unserem Hotel in Nea Styra aus, fuhren wir zunächst an der Westküste entlang zur Inselhaupststadt Chalkida. Dort queren wir über eine Brücke die engste Stelle des Meeres. In nördlicher Richtung geht es weiter auf der Nationalstrasse, die Athen mit dem Norden verbindet.Dabei erblicken wir viele Ikonostasen. Das sind kleine Kapellen, die mit einer Ikone, einer Flasche Öl und einer Öllampe ausgestattet, am Straßenrand an einen tragischen Autounfall erinnern sollen. Dabei kam der Insasse entweder zu Tode oder man dankt auf diese Art und Weise für das Überleben.

Vorbei an dem modernen Theben nähern wir uns Böotien, eine der fruchtbarsten Regionen Griechenlands. Das heutige Theben wurde auf den Ruinen der alten Stadt errichtet, die 335 v. Chr. von Alexander (356 bis 323 v. Chr.), dem Sohn Philipp II von Makedonien (382 bis 336 v. Chr.), zerstört wurde. Sie wurde bereits vor 4000 Jahren bewohnt. Theben war ein Spielort großer griechischer Tragödien. Nach der geschichtlichen Überlieferung fand hier der Krieg der sieben Feldherren aus Argos gegen Theben statt. Der griechischen Mythologie nach hat Zeus hier mit der irdischen Mutter Semele den Gott des Weines – Bacchus oder Dionysos gezeugt. Semele wurde allerdings vom Blitzstrahl getroffen als sich ihr Zeus in einer Rüstung zu erkennen gab. Auch Ödipus (König von Theben) war in dieser Ebene zu Hause.

In Böotien finden wir weite Baumwollfelder, denn Griechenland ist nach Nordamerika, Ägypten und der Türkei der viertgrößte Baumwollexporteur. Griechische Tomaten, Bohnen, Oliven, Peperoni, Pfirsische, Paprika, Melonen, Zitronen und Orangen werden hier angebaut und ebenfalls auf dem internationalen Markt angeboten. Bei einer kurzen Rast kosten wir vom Retsina – ein Wein, bei dessen Erzeugung Kiefernharz verwendet wird. Es ist der Hauswein der Griechen. entweder man mag diesen Wein sofort oder aber erst nach dem vierten bis fünften Glas.

Auf der Weiterfahrt in Richtung Delphi sehen wir riesige Olivenbaum-Bestände. Nicht jedes Jahr können die gleiche Menge Oliven geerntet werden, denn es kommt auch auf die klimatischen Bedingungen an (nicht zu heiß, kein zu heftiger Nordwind aus den Bergen). Oliven werden mit der Hand geerntet. Dazu werden die Bäume geschüttelt, die Früchte fallen auf Plastikplanen unter den Bäumen und werden behutsam verlesen. Die Ernte zieht sich über die gesamten Wintermonate (bei 9 bis 15 grd. C) hin. Aus der ersten Pressung wird hochwertiges Öl für Salate hergestellt und ist grün. Die zweite Pressung eignet sich zum Kochen und die Farbe ist ein saftiges Gelb. Aus der dritten Pressung ergibt sich ein Öl, das bei der Seifenherstellung benötigt wird. Da Oliven roh nicht genießbar sind, legt man sie 10 bis 15 Tage in Wasser – danach in ein Gemisch aus Öl, Essig, Salz und Gewürzen. In ganz Griechenland gibt es 30 verschiedene Sorten.

Der Olivenzweig gilt als Zeichen für Frieden und Harmonie und wurde auch bei olympischen Spielen als Siegerkranz überreicht. Auch Delphi liegt wie eine Insel in einem Olivenhain. Früher war diese Stätte ihrem Schutzpatron Apollon geweiht – heute ist es eine große Ausgrabungsstätte. Auf dem Weg dorthin stoppen wir noch einmal zu einer kurzen Rast im Dorf Arachova. Ein Bergdorf, das wie eingemeißelt an einer Gebirgswand zu hängen scheint und deshalb unter Denkmalschutz steht.Rechts liegt vor uns das 2400 m hohe Bergmassiv des Parnass. Früher ein heiliger Berg – Apollon (Gott des Lichts und den Musen geweiht) – ist der Parnass heute ein vielbesuchtes Skigebiet.

Wir nähern uns Delphi. Vor 2000 Jahren v. Chr. wurde hier Gaia, die Mutter Erde verehrt. Aus einer Erdspalte traten Dämpfe an die Erdoberfläche, die die Priesterin Sybilla in Trance geraten und weissagen ließ. Apollon (oft mit dem Delphin dargestellt) nahm einen Kampf mit Python (dem Schlangensohn Gaias) auf, gewann ihn, vertrieb sie von der heiligen Stätte und gründete damit einen neuen Kult. Die Oberpriesterin nannte man von nun an Pythia. Die Stätte und das Orakel wurde in Anlehnung an den Gott Apollon, der oft als oder mit Delphinen dargestellt ist, Delphi genannt. Die Ausgrabungsstätte wurde erst vor ca. 100 Jahren entdeckt. Der Aktivität des Orakels von Delphi wurde 390 n. Chr. durch den byzantinischen Kaiser Theodosius I. eine Ende bereitet. Aber auch heute noch wird Delphi von Tausenden von Touristen besucht. Nicht der Weissagung willen, sondern im Bewusstsein auf mystisch-geschichtsträchtigem Boden zu stehen.

So, nun wird es aber Zeit für einen Bade- und Pooltag in unserer Hotelanlage. Allerdings spürt man auch hier auf Euböa die Auswirkungen der Herbststürme, die auf Kreta verheerende Schäden angerichtet haben. Nach zwei Tagen wird es uns aber als aktives Ehepaar (50+) langweilig und wir freuen uns auf den nächsten Teil unseres Ausflugspaketes.

Wir starten bereits in den frühen Morgenstunden und unser Ziel ist Athen. Von den 11 Millionen Griechen, die in Griechenland leben, haben ca. 4 Millionen ihr Zuhause im Großraum Athen. Eine Dreizimmer-Wohnung (65 m²) kostet ca. 500,- Euro Miete (ohne Nebenkosten). Wenn man davon ausgeht, dass der Durchschnittsgrieche nur etwa 800,- Euro netto verdient, so kann man sich vorstellen, dass ein Leben in dieser pulsierenden Stadt nur möglich ist, wenn in einer Familie beide Partner arbeiten und sich um preiswerten Wohnraum bemühen. Insgesamt wird überall dort gebaut, wo Platz ist – somit ist es überall doch recht beengt.
(Reisetipp "Wachwechsel")
Das bekannteste Ziel ist die Akropolis mit dem Parthenon (Tempel). Hier wurde bereits in der frühgeschichtlichen Periode (etwa 500 vor Chr.) die jungfreuliche Göttin Athene verehrt, die der Stadt auch den Namen gab. Wenn wir von der Akropolis in die nördliche Richtung blicken, so können wir den Areopag erkennen. In den Anfängen Athens diente er als Verhandlungsort politischer und gerichtlicher Entscheidungen. Später diente die Plattform dieser kleinen, bergigen Erhöhung dem Apostel Paulus. Paulus versammelte gern Menschen um sich, denen er das Evangelium verkünden konnte. Nicht immer erfolgreich damit, verließ er Athen, um in Korinth mit seinem Missionsauftrag fortzufahren. Lassen wir unseren Blick in östliche Richtung schweifen, so erkennen wir den Hephaistos-Tempel – erbaut auf dem Agoraios Kolonos. Die Tempelanlage gehört zu den besterhaltendsten Ausgrabungsstätten Griechenlands und wurde 449 v. Chr. im dorischen Stil erbaut. Der dorische Stil lässt sich leicht an den Abschlüssen der Kapitelle (oberes Ende der Säule) erkennen. Als „dorisch“ werden eckige Abschlüsse bezeichnet, während ionische Kapitelle mit schneckenförmigem Muster rechts und links versehen werden.

Es wird wieder einmal Zeit für einen Tag am Pool. Trotz Wind und nicht sehr heißen Temperaturen lassen wir unsere „Seelen baumeln“. Dabei fällt mir ein, wie schön es ist, einen Partner an seiner Seite zu haben, mit dem man all die Eindrücke reflektieren kann.  

Der nächste Ausflug führt uns in die Marathon-Ebene. Hier fand 490 v. Chr. die entscheidende Schlacht der Griechen gegen die Perser statt. Die freudige Botschaft vom Sieg der Griechen über die Perser wurde von einem Läufer nach Athen gebracht. Er legte dazu eine Strecke 42,2 km zurück – verkündete die Nachricht vom Sieg – brach dann erschöpft zusammen und verstarb. Aufgrund dieses unheilvollen Ereignisses, laufen wir hier in Erinnerung daran und auch als Erinnerung für uns einen Kilometer miteinander auf den Spuren antiker Geschichte – aber wirklich nur einen Kilometer! Einen sehr schönen Anblick bietet der hier entstandene Marathon-Staussee. Die Staumauer ist ganz mit Marmor verkleidet und lässt sich mit dem Auto oder Bus nur jeweils in einer Richtung überqueren.


Ich möchte Sie nun noch mit dem Kanal von Korinth bekannt machen. Er wurde in Erdreich gegraben und ist genau 6.343 m lang, 25 m breit und seine Wände sind bis zu 80 m hoch. Nur kleine Schiffe können den nur 8 m tiefen Kanal passieren. Der Kanal verbindet den Golf von Korinth mit dem Saronischen Golf. Unter französischer Leitung wurde der Bau des Kanals 1893 abgeschlossen. Korinth selbst ist heute eine kleine nicht sehr bedeutende Provinzstadt. Sie ist ab 1858 neu errichtet worden, da Teile des ursprünglichen Korinths mehrmals von Erdbeben heimgesucht worden sind. Aber es gibt noch Überreste von Altkorinth, deren Besichtigung sich lohnen.

Das antike Korinth war berühmt für seine Töpfer- und Bronzewaren. In der Zeit von 630 bis 590 v. Chr. wurde Korinth von Periander, einem der sieben Weisen der Antike, regiert und hier wurde die Form dorischer Tempel und Säulen kreiert. Im Jahre 146 v. Chr. wurde die Stadt durch den römischen Feldherrn Mummius zerstört und 100 Jahre später durch Caesar wieder aufgebaut. Der Apostel Paulus predigte dort über 2½ Jahre das Evangelium und das antike Korinth hatte zu diesem Zeitpunkt über 300.000 Einwohner. Auf dem Ausgrabungsgelände lassen sich Überreste des Apollon-Tempels, des Hera-Tempels, des Säulenhallen-Tempels – geweiht der Octavia (Tochter des römischen Feldherrns Gaius Octavius) – das Theater und das Quellhaus der Glauke bewundern.

Kommen wir nun nach ca. 10 Tagen zum Abschluß unserer Kulturreise. Sie führt uns nach Mykene und den Ausgrabungsstätten, die Heinrich Schliemann im Jahre 1876 ausgegraben und der Weltöffentlichkeit zu gängig gemacht hat.Zum Betreten dieser Anlage passieren wir zunächst das große Löwentor, um dann die Atmosphäre alter griechischer Sagen auf uns wirken zu lassen.Hier finden wir nun die Überreste des Palastes des sagenumwobenen Königs Agamemnon und seiner Gattin Klythemnestra (etwa 1300 v. Chr.). Beflügelt durch die Ilias von Homer, die den Trojanischen Krieg beschreibt, wurde Heinrich Schliemann hier 1876 fündig. Weltberühmt hat ihn der Fund der goldenen Totenmaske des Agamemnon gemacht. Sie ist heute im Nationalmuseum Athen ausgestellt. Eine Doppelreihe von stehenden Steinplatten formt noch heute den Ring der Königsgräber. Vollständig erhalten ist jedoch nur das Nordtor.

Nach einem anstrengenden Programm lassen wir die „Seele in Nafplio baumeln". Nafplio liegt ca. 40 km von Mykene entfernt und ist die schönste Kleinstadt des griechischen Festlandes. Der Ort zeugt von geschichtsträchtigen Ereignissen. Seit dem 7. Jhdt. nach Chr. war Nafplio eine Hafenstadt der Region Argos. Sie wurde von den Römern besiedelt, von den Byzantinern besetzt. Von 1246 bis 1387 herrschten hier die Franken und wurden 1540 von den Venezianern abgelöst. 1828 war Nafplio die erste Hauptstadt des neuen Griechenlands.Es lohnt sich ein Aufstieg - wer noch mag oder kann - zur Festungsanlage Palamidi (zu Fuß) - aber auch mit dem Fahrstuhl zur Festung Akronauplia. Vom Hafen aus können wir die kleine Inselfestung Bourzdi sehen, die schützend die Bucht im 15. Jahrhundert bewachen sollte. Heute ist Nafplio ein viel besuchter und geschätzter Urlaubsort in Griechenland, der allerdings auch seine Preise fordert. Wir haben uns zum Ausklang dieses Tages in Nafplio ein leckeres Rieseneis gegönnt und machen uns nun auf den Weg zur Basis - nach Euböa.
(Reisetipp "Bildungsreise")

Wir haben nun noch zwei Tage zum Austausch von Erlebnissen, Erfahrungen und freuen uns aber auch auf die Heimreise. Mit einer Flasche Hauswein als Abschiedsgeschenk des kleinen Hotels, in dem wir unser Basisquartier hatten, eingedeckt wird aus- und eingecheckt. Die Rückreise gestaltet sich ebenso wie die Anreise - nur in umgekehrter Reihenfolge: Nea Styra - Fähre Euböa - Hafen Agia Marina - Athen - Frankfurt - Hannover - zu Hause!
Ich hoffe, Sie haben ein paar Informationen durch uns bekommen, die Ihnen Griechenland, die Antike oder einfach nur das Thema „Reisen ab 50+" nähergebracht haben.



Text/Fotos: Jutta Hartmann-Metzger

Siehe auch BILDBAND: (IMPRESSIONEN bei Nacht und in der Dämmerung)
und mein großes Giechenland-Buch: GRIECHENLAND - Landschaft und Kultur im Wandel 

1 Kommentar:

Klaus Metzger hat gesagt…

Dies war eine wunderschöne Bildungsreise, die ich jedem empfehlen kann.